Die theistische Evolution („Schöpfung durch Evolution“) gewinnt in evangelikalen Kreisen immer mehr an Einfluss. Viele sind darüber besorgt. Aber ist das das wirkliche Problem?
Die Vertreter der theistischen Evolution sind im Allgemeinen bekennende Christen; viele sind sogar Evangelikale.1 Sie glauben an Gott als den Schöpfer der ursprünglichen Materie, die sei vor etwa 13,8 Mrd. Jahren im „Urknall“ explodiert. Ihrer Ansicht nach hat er die Naturgesetze, die Wissenschaftler entdeckt haben, in diese ursprüngliche Materie eingebaut und durch natürliche Prozesse habe sich diese Materie entwickelt zu Sternen, Galaxien, Planeten und den ersten lebenden Zellen. In den letzten 3,5 Mrd. Jahren habe diese erste Zelle durch natürliche Auslese und Mutation sich weiterentwickelt zu allen Pflanzen, Tieren und Menschen, die jemals gelebt haben, einschließlich Ihnen und mir. Die meisten Vertreter der theistischen Evolution halten Adam und Eva entweder für einen Mythos oder, falls sie historisch waren, hätten sie sich über Jahrmillionen hinweg aus affenähnlichen Wesen entwickelt.
Diese Auffassung wird in den USA stark vertreten in Kirchen, theologischen Ausbildungsstätten und christlichen Hochschulen, vom „BioLogos Forum“ und dem berühmten Genetiker Francis Collins, dem bekannten Pastor Tim Keller und den Alttestamentlern Bruce Waltke und John Walton, in Großbritannien vom Faraday Institute an der Universität Cambridge, von den prominenten Wissenschaftlern Denis Alexander und Tom McLeish sowie dem bekannten Theologen Alister McGrath. Angesehene evangelikale Verlage wie Kregel, Baker, Zondervan und IVPress publizieren viele Bücher zur Verteidigung der theistischen Evolution.
Crossway hingegen veröffentlichte eine 962 Seiten starke Entgegnung von 25 besorgten christlichen Akademikern: Theistic Evolution: A Scientific, Philosophical and Theological Critique (2017). In 33 Kapiteln argumentieren sie sehr überzeugend gegen die (neodarwinistische) Evolution des Lebens einschließlich des Menschen. In einem 3-minütigen Video, mit dem das Buch beworben wird, listet Mitherausgeber Wayne Grudem (auf Grundlage seiner beiden Kapitel) zwölf theistische evolutionistische Überzeugungen auf, die im Widerspruch zur Heiligen Schrift stehen: hier seine Zusammenfassung:
Diese Überzeugungen der theistischen Evolution stehen eindeutig im Widerspruch zur Heiligen Schrift; das Buch, in dem Grudem sie als Irrtümer aufführt, bietet viele weitere ausgezeichnete Gründe – wissenschaftliche, philosophische und theologische – gegen die theistische Evolution.
Die theistische Evolution ist in der Tat problematisch; doch schwerer wiegt die ihr zugrunde liegende Einstellung und darin sehe ich das Problem: Jede Auffassung von der Erschaffung und dem Alter der Erde, die dem Bericht in 1. Mose (Genesis) 1–11 Historizität und wörtliche Zuverlässigkeit abstreitet, jede solche Auffassung untergräbt die Autorität der Heiligen Schrift und damit die Grundlage des Evangeliums in erheblichem Ausmaß;
Aber das Buch ignoriert bewusst die Frage nach dem Alter der Schöpfung; offensichtlich deshalb, weil die meisten seiner Autoren die Jahrmillionen der geologischen und kosmologischen Evolution als Tatsache akzeptieren. Grudem erklärt in seinem ersten Kapitel: „Dieses Buch nimmt zu dieser Frage nicht Stellung; und wir diskutieren sie auch an keiner Stelle des Buches.“3 In meiner eingehenden Analyse4 der beiden Kapitel Grudems in diesem Buch zeige ich jedoch, dass Grudem selbst eine „alte Erde“-Position vertritt;5 und das ganze Kapitel eines Philosophen6 tut dies ebenfalls.
Die theistische Evolution ist in der Tat problematisch; doch schwerer wiegt die ihr zugrunde liegende Einstellung und darin sehe ich das Problem: Jede Auffassung von der Erschaffung und dem Alter der Erde, die dem Bericht in 1. Mose (Genesis) 1–11 Historizität und wörtliche Zuverlässigkeit abstreitet, jede solche Auffassung untergräbt die Autorität der Heiligen Schrift und damit die Grundlage des Evangeliums in erheblichem Ausmaß; doch genau das tun alle „alte Erde“-Modelle.7 Sie versuchen, die Bibel in Einklang zu bringen mit dem Mythos von der Jahrmillionen währenden geologischen und kosmischen Evolution; doch das ist einfach nicht möglich, ohne die Wahrheit der Heiligen Schrift in ihren Grundlagen anzugreifen – das lege ich in diesen acht Punkten dar. Bitte beachten Sie: Ich argumentiere gegen die Auffassungen von einer „alten Erde“; ich greife nicht die Christen an, die diese Auffassungen vertreten. Ich verurteile keine Menschen, ich kritisiere Ideen.
Die Tage im Schöpfungsbericht in 1. Mose 1 sind eindeutig 24-Stunden-Tage, wie wir sie heute kennen. In jeder Sprache wird die Bedeutung eines Wortes immer vom Kontext bestimmt. Das hebräische Wort für „Tag“ ist yom. In 1,5 wird es definiert als ein Zyklus aus genau einer dunklen Periode („Nacht“) und einer hellen Periode („Tag“), so definieren wir auch heute einen Tag. Von diesen sechs yom hat jeder eine besondere Zahl, dazu kommt der Kehrvers „Es wurde Abend und es wurde Morgen“; überall sonst im Alten Testament ist in einem solchen Fall die Rede von einem Tag im wörtlichen Sinn (das geht aus dem Kontext klar hervor, so auch in 1. Mose 1). In 1,14 wird yom zusätzlich definiert – Gott sagt, er habe Sonne, Mond und Sterne geschaffen, damit wir konkrete Zeiträume messen können: Jahre, Jahreszeiten und Tage.
Zu bedenken ist auch: Hätte Gott die Welt über lange Zeiträume (z. B. Jahrmillionen) hinweg erschaffen, hätte er das mit anderen hebräischen Wörtern ausdrücken können, mit dor – „Zeit, Zeitraum, Generation“;8 oder mit einem Lehnwort aus dem Aramäischen: zeman9 oder iddan – „Jahreszeit, Zeit, Zeitraum“;10 oder mit Ausdrücken wie „nach langer Zeit“, „nach vielen Tagen“11 oder „nach Jahren“12 oder „vieltausend mal tausend Jahren“13 oder „die Jahre der Generationen und Generationen“14.
Schließlich ist 2. Mose (Exodus) 20,11 zu bedenken. Hier haben wir Gottes eigenen Kommentar zu 1. Mose 1; dieser Vers besagt eindeutig, dass Gott die Welt erschuf in sechs Tagen und dass die genau so lang waren wie die Tage, die er den Israeliten zu arbeiten befahl, bevor sie einen Ruhetag halten mussten. Bei meiner Lektüre habe ich festgestellt, dass die meisten Befürworter einer „alten Erde“ Gottes Aussage in diesem Vers ganz übergehen; andere, so John Lennox und C. John Collins, versuchen, die Aussage von 2. Mose 20,11 aufzuheben – sie sagen, Gottes Werk unterscheide sich von dem Werk des Menschen. Aber dieses Gebot (20,8–11) soll nicht das Werk des Menschen und das Werk Gottes bewerten oder einander gegenüberstellen, sondern es begründet die sieben Tage der Woche des Menschen mit den sieben Tagen der Schöpfungswoche.15 Wayne Grudem versucht, diesem Vers auszuweichen, indem er sagt, dass yom in 2. Mose 20,12 nicht wörtlich gebraucht werde und daher in 20,11 nicht wörtlich verstanden werden sollte.16 Dem entgegne ich: 1) Vers 12 gebraucht nicht yom (Einzahl), sondern yamim (Plural, so auch in den Versen 9 und 11); 2) yamim bedeutet überall sonst im Alten Testament konkrete 24-Stunden-Tage; und 3) nicht yamim in 20,12 wird im übertragenen Sinne gebraucht (also nichtwörtlich, sondern bildlich), sondern das Verb „lange währen“.17 Dieser Vers kann doch nicht so zu verstehen sein, dass die Israeliten, wenn sie den Sabbat halten, längere Tage haben würden (z. B. 36-Stunden-Tage), sondern dass sie im verheißenen Land viel mehr (konkrete 24-Stunden-) Tage haben werden.18 2. Mose 20,11 ist eine unüberwindliche Mauer gegen jeden Versuch, irgendwo in 1. Mose 1 die Jahrmillionen unterzubringen, ob in den Tagen, zwischen den Tagen oder vor den Tagen; er besagt, Gott habe in sechs Tagen den Himmel gemacht, die Erde, das Meer und alles, was darin ist. Da die Erde in 1,1 erschaffen wurde, setzt 2. Mose 20,11 eindeutig voraus, dass Tag 1 in 1. Mose 1,1 beginnt und nicht in 1,3 (wie viele Befürworter einer „alte Erde“-Auffassung meinen).
Wie lange liegen diese 24-Stunden-Schöpfungstage nun zurück? Seit der Schöpfungswoche sind nur etwas mehr als 6000 Jahre vergangen. Aus den Stammbäumen in 1. Mose 5 und 11 geht hervor, dass von Adam bis Abraham nur etwa 2000 Jahre vergingen; mehrere Verse im Alten und Neuen Testament legen Abraham fest auf etwa 2000 v. Chr. Theoretisch könnte es zwar sein, dass in 1. Mose 5 und 11 Namen fehlen (das hebräische Wort für „zeugte“ oder „wurde Vater von“ spricht im Alten Testament nicht immer von einer direkten Vater-Sohn-Beziehung); aber es können keine Jahre fehlen, denn bei jedem Vater wird das Alter angegeben, das er hatte, als der „Sohn“ geboren wurde. So spielt es zum Beispiel keine Rolle, ob Seth der Sohn, Enkel oder Urenkel von Adam war: Seth wurde geboren, als Adam 130 Jahre alt war. Diese Genealogien sind einzigartig; sie sind die einzigen in der Heiligen Schrift und in der gesamten altorientalischen Literatur mit derart detaillierten Zeitangaben und sollten daher als „Chrono-Genealogien“ bezeichnet werden. Zu sagen, Adam habe vor 10.000 oder 20.000 Jahren gelebt – oder gar vor mehreren hunderttausend Jahren (als nach Ansicht der Evolutionisten der Homo sapiens entstand) –, nach Jahrmillionen der Evolution von Tieren, Erde und Kosmos: Dafür gibt es keine solide biblische Grundlage.19
Die Idee einer Jahrmillionen alten Erdgeschichte wurde entwickelt von deistischen und atheistischen Geologen Ende des 18., Anfang des 19. Jahrhunderts (50 Jahre, bevor Darwin seine Evolutionstheorie/hypothese publizierte). Diese Geologen lehnten den Schöpfungs- und Sintflutbericht der Bibel dezidiert ab und nahmen an, die Lebewesen im Fossilbericht der Sedimente hätten lange vor der Erschaffung des Menschen existiert. Der Fossilbericht zeugt jedoch nicht allein von Tod; darüber hinaus finden sich in den Fossilien auch Hinweise auf Krankheiten, fleischfressende Tiere, Dornen, Massenvernichtung und Lebewesen, die [in Katastrophen, z. B. Schlammlawine] lebendig begraben wurden. In jeder „alte Erde“-Auffassung gab es Tod also schon vor dem Menschen, und zwar in großem Ausmaß über Jahrmillionen hinweg. Laut der Bibel aber wurde der Mensch erschaffen, bevor der Tod von Mensch oder Tier in die Schöpfung hineinkam.
In jeder „alte Erde“-Auffassung gab es Tod also schon vor dem Menschen, und zwar in großem Ausmaß über Jahrmillionen hinweg.
Sechsmal in 1. Mose 1 sagte Gott, die ursprüngliche Schöpfung sei gut; abschließend sah er alles an, was er geschaffen hatte, und erklärte es für „sehr gut“ (Vers 31). In Vers 29–30 ist zu erkennen, dass der Mensch sowie alle Tiere einschließlich der Vögel Vegetarier waren; das bedeutet: Die Tier- und Vogelarten (z. B. Katzen, Adler, Alligatoren und Dinosaurier), die wir als Fleischfresser kennen, waren dies ursprünglich, also vor dem Sündenfall, nicht.
Dann begingen Adam und Eva die erste Sünde und in 1. Mose 3,14–19 wird berichtet, dass Gott die Schlange, die Eva verführt hatte, körperlich verfluchte; er verfluchte auch die anderen Tiere,20 den Erdboden (außerhalb des Gartens Eden),21 damit er Dornen und Disteln hervorbringe, sowie Adam und Eva – diese belegte er unter anderem mit der Strafe des zukünftigen körperlichen Todes.22 An dieses Urteil über den Erdboden erinnerte sich Lamech 1100 Jahre später bei der Geburt seines Sohnes Noah (1. Mose 5,29); Lamechs Worte bestätigen, dass der Erdboden vom Herrn verflucht worden war.23
In Römer 8,18–25 wird deutlich, dass die gesamte Schöpfung nun der Vergänglichkeit unterworfen, dem Verfall und der Verwesung versklavt ist.24 So galt die ganze Kirchengeschichte hindurch fast universell die Überzeugung, die Versklavung der gesamten Schöpfung sei im Sündenfall erfolgt. Römer 8 im Verein mit Apostelgeschichte 3,21, Kolosser 1,15–20 und Offenbarung 21,3–5; Offenbarung 22,3 macht deutlich, dass durch das erfolgte und das noch ausstehende Erlösungswerk Christi die gesamte Schöpfung vom Fluch befreit und wiederhergestellt wird zu einem Zustand des Lebens und der Gerechtigkeit ohne Tod.
Die Weltsicht der Bibel ist Schöpfung – Sündenfall – Erlösung – Wiederherstellung. In der Jahrmilliarden-Erzählung vom „Urknall“, die „alte Erde“-Kreationisten aller Couleur mit dem Schöpfungs- und Sintflutbericht in Einklang zu bringen versuchen, in dieser Historie gibt es keinen Sündenfall.25 Der bekannte amerikanische Wissenschaftshistoriker Ronald Numbers – nach eigener Aussage Agnostiker – hat das gut verstanden:
Für Kreationisten basiert die Weltgeschichte auf der Bibel und dem Glauben, dass Gott die Welt vor 6.000–10.000 Jahren erschaffen hat. … Wir Menschen waren vollkommen, weil wir nach dem Bild Gottes geschaffen waren. Und dann gab es den Sündenfall. Der Tod tritt auf, und der ganze Bericht [der Bibel] wird zu einem Bericht über Verfall und Degeneration. Im Neuen Testament haben wir dann Jesus, der uns Erlösung verspricht. – Die Evolution kehrt das völlig um: Bei der Evolution fängt man nicht mit etwas Perfektem an, sondern mit primitiven, kleinen, wackeligen Dingern, die sich zu Affen entwickeln und schließlich zu Menschen. Es gibt keinen perfekten Zustand, aus dem man herausfallen könnte. Das macht den ganzen Heilsplan sinnlos, denn einen Sündenfall hat es nie gegeben. Das Ergebnis ist eine Theorie des Fortschritts von Einzeller zum Menschen und eine ganz, ganz andere Interpretation der Geschichte, und zwar nicht nur der Menschheitsgeschichte.26
Dieser Punkt schließt sich eng an den vorigen Punkt an: Der Charakter Gottes, wie er in der Heiligen Schrift offenbart wird, ist völlig unvereinbar damit, dass Gott sich Jahrmillionen voller explodierender Sterne, Asteroideneinschläge, Stürme, Tornados, Dürren, Eiszeiten und Tsunamis zunutze gemacht haben soll, um unser schönes und geordnetes Universum zu erschaffen, und dass er auf dem Weg zur Erschaffung des Menschen Milliarden von Pflanzen und Tieren vernichtet hätte (und sie begraben unter Tausenden von Metern Sediment). Ein solcher Gott wäre unwissend, unweise, machtlos und böse; sein Werk und Wirken könnte in keinster Weise als „sehr gut“ bezeichnet werden.
Er, der Schöpfer der Sprache, wäre auch ein schrecklicher Kommunikator; denn wenn er auf diese Weise geschaffen hätte, dann könnte der Schöpfungsbericht in 1. Mose 1 irreführender nicht sein. Nicht nur die Zeitangaben wären grob falsch; auch die Reihenfolge des Geschehens in diesem Kapitel widerspricht der Reihenfolge des Geschehens nach Ansicht der die Evolution vertretenden Kosmologen, Geologen und Biologen.
Gott sagt, er habe die Welt geschaffen, damit der Mensch sie bewohne (Jesaja 45,12.18); wenn aber Jahrmillionen vergingen zwischen dem Anfang und dem Auftreten des Menschen, dann wäre der größte Teil der Erde 4,5 Mrd. Jahre vor dem Menschen da gewesen. Gott sagt, er habe Sonne, Mond und Sterne geschaffen, damit der Mensch konkrete Tage, Jahreszeiten und Jahre erkennen und zählen könne (1. Mose 1,14); wenn aber Jahrmilliarden vergingen bis zum Auftreten des Menschen, dann hätten diese Himmelskörper die längste Zeit ihrer Existenz ihren Zweck nicht erfüllt. Gott befahl Adam und Eva auch, über alle anderen Lebewesen zu herrschen (Vers 26–28); wenn aber Jahrmilliarden vergingen ohne den Menschen, dann haben die meisten dieser Lebewesen gelebt und sind gestorben, viele sind sogar ausgestorben, lange bevor Adam und Eva jemals über sie herrschen konnten. Was für ein Gott würde so etwas tun und sagen? Nicht der allwissende, allmächtige, allweise und gute Gott der Heiligen Schrift!
Die Vorstellung von Jahrmillionen der Weltgeschichte ist ein Angriff auf das Wesen Gottes – das allein ist Grund genug, darzulegen, warum es wichtig ist, wann Himmel und Erde erschaffen wurden. Auch das sehen die Atheisten klarer als die meisten Christen; was der Philosoph David Hull über die Evolution des Lebens sagte, gilt gleichermaßen für die Evolution des Weltalls und der Erde:
Das Problem, das die biologische Evolution für Vertreter der Natürlichen Theologie aufwirft, besteht in der Konzeption von Gott, auf die eine solche darwinistische Version der Evolution hinausläuft. . . . Der Vorgang der Evolution ist voller Zufälle, wechselseitiger Abhängigkeiten, unglaublicher Verschwendung, voller Tod, Schmerz und Horror. . . . Wie auch immer der Gott aussehen mag, auf den die Evolutionstheorie und die Daten der Naturgeschichte schließen lassen: Er ist nicht der protestantische Gott von „Waste not, want not“ [Wer nichts vergeudet, muss nicht Mangel leiden]. Er ist auch kein liebender Gott, der Sorge trägt für das, was er produziert hat. Er ist nicht einmal der furchtbare Gott, der im Buch Hiob porträtiert wird. Der Gott der Galápagos-Inseln ist achtlos, verschwenderisch, gleichgültig, beinahe teuflisch. Er ist gewiss nicht die Art von Gott, zu dem irgendjemand gerne beten würde.27
Die Bibel lehrt eindeutig, dass die Sintflut eine einzigartige, historische, ein Jahr währende, katastrophale weltweite Flut war, in der alle Menschen, Landtiere und Vögel, die nicht in der Arche waren – dazu viele Meerestiere und Pflanzen –, umkamen und durch die die Oberfläche der Erde, wie sie vor der Flut bestanden hatte, radikal verändert hat.28 Die Sintflut ist kein Mythos. Sie war auch keine regionale Überschwemmung durch Tigris und Euphrat im Zweistromland. Befürworter einer „alten Erde“, die meine Aussage im ersten Satz dieses Abschnitts (zu These 4) ablehnen, müssen die Details von 1. Mose 6–9 und anderer Verse der Bibel zu diesem Thema ignorieren oder die Schrift verdrehen; für die meisten von denen, die für Jahrmillionen plädieren, ist die Sintflut sowieso ein Mythos ohne Realitätsbezug.
Was hat die Sintflut mit dem Alter der Erde zu tun? Ganz einfach: Wenn die Sintflut so stattgefunden hat wie in der Bibel beschrieben, dann hat sie massive Erosion und Sedimentierung verursacht und viele Lebewesen begraben; die wären später zu Stein geworden, als diese Sedimente austrockneten und hart wurden. Unmöglich, dass ein solches Geschehen nicht weltweit Spuren hinterlassen hätte! Die Evolutionsgeologen aber bestreiten, dass es für eine weltweite Flut Belege gebe – dafür glauben sie an eine globale Flut auf dem Mars, dabei gibt es dort gar kein flüssiges Wasser! Ihre Brille der naturalistischen Weltsicht macht sie für die Belege blind (siehe Punkt 6, unten).
Wer also an die Jahrmillionen glaubt, der muss die Sintflut als weltweite Flut ignorieren oder ablehnen; wenn Sie aber glauben, was Gottes Wort sagt über die ein Jahr andauernde katastrophale weltweite Sintflut, dann ist dies (neben den Punkten 1–3 oben) ein weiterer sehr wichtiger Grund, die Jahrmillionen abzulehnen. Es ist schlicht unvereinbar, sowohl an die Sintflut zu glauben als auch an die Jahrmillionen; denn eine weltweite Flut, die keine geologischen Belege hinterlässt, ist äußerst unglaubhaft. Aber die säkularen Geologen, die auf den Jahrmillionen bestehen, sind auch dogmatisch in ihrer Auffassung vom Fehlen geologischer Belege für eine weltweite Flut zu irgendeinem Zeitpunkt der Erdgeschichte.
Sowohl Jesus als auch Paulus waren „junge Erde“-Kreationisten. Alle ihre Verweise auf die ersten Kapitel der Bibel zeigen, dass diese für sie ein direkter, wörtlich zu verstehender Geschichtsbericht sind.
In Markus 10 befragten die Pharisäer Jesus zur Ehescheidung. In seiner Antwort (10,5–9) berief sich Jesus auf den Schöpfungsbericht und bekräftigte, dass Gott nur zwei Geschlechter geschaffen habe (männlich und weiblich) und die Ehe habe Gott eingesetzt als lebenslange Verbindung zwischen einem Mann und einer Frau. Laut Jesus ist das so „von Anfang der Schöpfung an“ (ELB). Für Jesus standen Adam und Eva also am Anfang der Schöpfung (am sechsten buchstäblichen Tag der Schöpfungswoche) und nicht Jahrmilliarden nach dem Anfang, wie die Evolutionisten über die Entstehung der ersten Menschen behaupten.29
Auch Paulus legte seine Sicht der Schöpfung dar, auch er hat eine „junge Erde“-Auffassung: In Römer 1,18–20 sagte er, unbußfertige Sünder ständen unter dem Zorn Gottes, weil sie die Wahrheit über Gottes Existenz niederhielten, wobei doch zumindest einige seiner Eigenschaften, die sich in der natürlichen Welt zeigen, erkennbar seien „seit Erschaffung der Welt“ (SLT). Bis heute halten unbußfertige Sünder die in der Schöpfung offenbarte Wahrheit nieder; Paulus schrieb ja nicht einfach über die Sünder seiner Zeit, sondern griff auf, was frühere Autoren der Bibel bezeugt hatten über die Schöpfung, nämlich, dass sie den Schöpfer offenbart (z. B. Hiob 12,7–10; Psalm 19,1; Psalm 97,6; Jesaja 40,21). Adam sah das Zeugnis Gottes in der Schöpfung und ebenso Noah, Abraham, Mose, David usw. – Diese Aussage des Paulus macht nur Sinn, wenn er glaubte, dass Adam am sechsten 24-Stunden-Tag der Weltgeschichte erschaffen wurde und nicht Jahrmilliarden nach dem Beginn der Zeit (dem vermeintlichen „Urknall“).
Die Idee von den Jahrmillionen entstand Ende des 18., Anfang des 19. Jahrhunderts, also mehr als 50 Jahre, bevor 1859 Darwins Buch Über die Entstehung der Arten erschien; der Großteil der Kirche ging bereits um 1850 mit den Jahrmillionen einen Kompromiss ein und versuchte, diese „tiefe Zeit“ in den Schöpfungsbericht einzupassen, etwa durch die Lückentheorie oder die Tag-Zeitalter-Theorie.30 Aufgrund der Schriften gottloser Männer wie James Hutton und Charles Lyell sowie mit Hilfe von Geologen, die sich Christen nannten, den Bibeltext aber ignorierten, wurden die Sintflut und die Zeitangaben der Bibel verworfen und die Naturwissenschaft geriet unter die Herrschaft einer die Bibel bekämpfenden Weltanschauung, ich nenne sie „uniformitaristischen Naturalismus“. Schon bevor Darwin 1831 seine fünf Jahre dauernde Weltreise antrat, geriet die Geologie unter drei einfache, aber mächtige philosophisch-religiöse Annahmen; keine von ihnen lässt sich naturwissenschaftlich belegen, weder experimentell noch durch Forschung:
Soweit in Kurzform die Annahmen des Atheismus zur Geologie. Seit Anfang des 19. Jahrhunderts wurde die Naturwissenschaft zunehmend beherrscht von diesen atheistisch-naturalistischen Annahmen. Nicht, dass alle Naturwissenschaftler zu Atheisten geworden wären; aber die meisten von ihnen begannen, ihre Arbeit in der Geologie und allen anderen Naturwissenschaften so zu tun, als wäre der Atheismus wahr.
Darwin wandte diese Annahmen auf die Biologie an, so entstand seine Theorie der Evolution des Lebens; die Astronomen gingen gleich vor und entwickelten ihre Evolutionstheorien über den Ursprung der Sterne, Galaxien, Planeten, des Sonnensystems usw.
Darwin schrieb 1844 über den Einfluss des „alte Erde“-Geologen Charles Lyell:
Ich habe immer das Gefühl, meine Bücher stammten zur Hälfte aus Lyells Gehirn, und dass ich dies nie ausreichend würdige; noch weiß ich, wie ich dies könnte, ohne zu viele Worte zu machen – denn ich habe immer gedacht, es sei das große Verdienst der Grundsätze [der Geologie], dass sie den ganzen Farbton des Denkens veränderten und dass man daher, wenn man etwas sehe, das Lyell nie gesehen hatte, es dennoch zum Teil durch seine Augen sähe.31
Die Idee von den Jahrmillionen ist also keine Erfindung Darwins. Hätte sich die Welt der Naturwissenschaft nicht schon lange vor 1859 auf die Jahrmillionen festgelegt, wäre aus Darwins Theorie eine Totgeburt geworden. Das eigentliche Problem ist nicht die Evolution von der Amöbe zu Goethe, sie ist ein Problem; das wirkliche Problem ist vielmehr der ihr zugrundeliegende Mythos von den Jahrmillionen, auf dem die Darwinʼsche Evolution beruht.
Christen, die sich der Idee von der Evolution des Lebens widersetzen, die Jahrmillionen jedoch akzeptieren, akzeptieren damit keine „wissenschaftliche Tatsache“, sondern schließen unwissentlich einen Kompromiss mit der naturalistischen (d. h. atheistischen) Weltsicht. Das ist Synkretismus, eine Verschmelzung konkurrierender Glaubenssysteme, ähnlich den alten Israeliten, die Jahwe anbeteten und gleichzeitig den Baal. Alle „alte Erde“-Ansichten sind irrig, weil sie (wissentlich oder unwissentlich) naturalistische Annahmen akzeptieren.
Man kann nicht konsequent aufgrund der Bibel argumentieren gegen die LGBTQ-Agenda oder Ehebruch oder Abtreibung oder Euthanasie oder Rassismus oder die Critical Race Theory, wenn man 1. Mose 1–11 nicht für einen historischen, wörtlich wahren Tatsachenbericht hält;
Man kann nicht konsequent aufgrund der Bibel argumentieren gegen die LGBTQ-Agenda oder Ehebruch oder Abtreibung oder Euthanasie oder Rassismus oder die Critical Race Theory, wenn man 1. Mose 1–11 nicht für einen historischen, wörtlich wahren Tatsachenbericht hält; denn die Position der Bibel zu Sex, Gender, Ehe, der Heiligkeit des menschlichen Lebens und dem Rassismus wurzelt in den wörtlich zu nehmenden historischen Wahrheiten dieser elf Kapitel. Ich halte es für unvereinbar, zwar die Verse über die Erschaffung Adams aus Erdboden und die Erschaffung Evas aus Adams Rippe als wörtlich zu verstehenden Geschichtsbericht zu betrachten, nicht aber die Schöpfungstage, den Sündenfall von Adam und Eva, die Sintflut und die Chrono-Genealogie von 1. Mose 5 und 11, die als Ganzes lehren, dass die Schöpfung nur etwas mehr als 6000 Jahre alt ist. Die Humanethik im Rest der Bibel zu den brisanten kulturellen Themen unserer Zeit wurzelt in den grundlegenden Wahrheiten von 1. Mose 1–11. Wir können uns nicht aussuchen, welchen Teilen der Bibel wir glauben wollen (und welchen nicht), zumindest nicht, wenn wir Wert legen auf hermeneutische Konsistenz und auf unsere Integrität als Christ.
So untergräbt seit 200 Jahren, vor allem aber in den letzten Jahrzehnten, der weit verbreitete Kompromiss der Kirche mit der Evolutionslehre und/oder den Jahrmillionen, was Fragen der Moral angeht, die Autorität der Bibel in der Kirche und die Autorität der Kirche in den zuvor christlichen westlichen Kulturen von Nordamerika, West- und Mitteleuropa, Großbritannien und Australien. Die berühmten Burgdiagramme unten zeigen, wie die Mehrheit der Naturwissenschaftler sowie viele christliche Leiter und Akademiker seit zweihundert Jahren das Wahrheits-Fundament des Christentums schwer beschädigt haben. Dieses Fundament muss die Kirche, die Gemeinde Jesu Christi wiederaufbauen, und zwar, indem sie nicht nur die Idee von der Evolution des Lebens und des Menschen zurückweist, sondern auch die Idee von den Jahrmillionen, und stattdessen wieder die Urgeschichte in 1. Mose 1–11 glaubt, ohne Abstriche zu machen.
Letzten Endes geht es nicht um die Evolution des Lebens (wenngleich diese durchaus im Widerspruch steht nicht nur zur Heiligen Schrift, sondern auch zu Bergen von naturwissenschaftlichen Belegen). Sich gegen die theistische Evolution des Lebens auszusprechen und gleichzeitig die Behauptung einer Jahrmillionen währenden geologischen und kosmischen Evolution aufrechtzuerhalten, das ist nicht nur unbefriedigend, es ist schlicht unvereinbar.
Um das unter Punkt 2 Gesagte zu wiederholen: Die Weltsicht der Bibel (d. h. das Gesamtbild, der rote Faden der Heiligen Schrift) ist Schöpfung – Sündenfall – Erlösung – Wiederherstellung. In der Jahrmilliarden-Erzählung vom „Urknall“, die „alte Erde“-Kreationisten aller Couleur mit dem Schöpfungs- und Sintflutbericht in Einklang zu bringen versuchen, in dieser Historie gibt es keinen Sündenfall.
Alle Auffassungen von einer „alten Erde“ verwerfen, dass die Schöpfung ursprünglich sehr gut war, sie verneinen die Auswirkungen des Sündenfalls auf den gesamten Kosmos32 sowie die weltweite Flut zur Zeit Noahs33 – und damit hinterfragen sie alle den Charakter Gottes. Sie alle untergraben die Notwendigkeit, dass Jesus zum ersten Mal auf die Erde kommen musste, und unterlaufen die Vollendung seines Erlösungswerks in seiner Wiederkunft. Daher untergraben alle Auffassungen von einer „alten Erde“ ernsthaft die Schlüssigkeit und Kohärenz des Evangeliums.
Ich bin sicher: Wenn überhaupt, dann attackieren nur wenige Befürworter einer „alten Erde“ wissentlich und vorsätzlich die Lehre vom Sündenfall und den Charakter Gottes – was ein Untergraben des Evangeliums darstellt. Aber alle Auffassungen von einer „alten Erde“ untergraben das Evangelium, gerade weil sie die Schrift ignorieren oder verdrehen; und damit untergraben diese Auffassungen die Autorität, Zuverlässigkeit, Irrtumslosigkeit und Klarheit der Schrift.34
Hier geht es nicht um „Christentum gegen Naturwissenschaft“, sondern um die Autorität der Heiligen Schrift gegenüber der Autorität der Konsensmeinung der Naturwissenschaftler unserer Tage: Wollen wir dem unfehlbaren, irrtumslosen Wort unseres heiligen Gottes glauben – oder den fehlbaren Meinungen und dogmatischen Behauptungen sündiger Männer und Frauen, die nicht alles wissen und Fehler machen?
Dass die Mehrheit in der Kirche in den letzten 200 Jahren die klare Wahrheit und Autorität von 1. Mose 1–11 über eine Sechs-Tage-Schöpfung, die Sintflut und das Alter der Schöpfung abgelehnt hat, hat im einst christlichen Westen in vielen anderen Bereichen eine zunehmende Ablehnung der Wahrheit und Autorität der Schrift in bewirkt. Die Frucht dieser Entwicklung erleben wir in Form von moralischen Dammbrüchen und Bosheit, Gottlosigkeit und Widerstand gegen das Evangelium.
Christen müssen alle Auffassungen von einer „alten Erde“ aufgeben und sich öffentlich zur Wahrheit und Wörtlichkeit des Geschichtsberichts in 1. Mose 1–11 stellen und diese verteidigen – zur Ehre Gottes, zum Heil der Kirche und zur Errettung der Sünder.35
Bibelübersetzungen (Zitate oder Verweise):
Übersetzung: Gabriele Pässler, g-paessler.de, Oktober 2023
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